Featured Artists der artists.de Redaktion (mehr Informationen) |
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Chuck Berk
Die globale Finanzkrise hat die Welt in ihren Grundfesten erschüttert und Politik- sowie Wirtschaftsmodelle auf den Prüfstein gestellt.
Wie hat sich dies in der Kunst niedergeschlagen?
Ist die Gier (als „Habgier“ oder „Habsucht“ eine der 7 Todsünden) an allem Schuld? Die Spieler sind austauschbar, so flüchtig wie die Malweise, mit der Chuck die Spielerszene malt. Fest konturiert und durchgängig stabil gemalt st nur der Tisch, um den sich die gefräßige Gier versammelt hat und um Geschäfte pokert. Im Vordergrund stehen allerdings leere Stühle und versperren den Zugang wie eine Barriere. Sie schotten den hinteren Spielbereich ab. Die Stuhllehen ragen wie Grabsteine in die Luft. In ihrer Vielzahl erinnern sie an Gräberfelder und lassen Böses ahnen. Künstlerinfo und weitere Werke Redaktion: Dr. Stefanie Lucci |
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Hans Wassink
aus den Niederlanden *1946, lebt und arbeitet in Enschede, Niederlande Wenn Hans Wassink Goethe Gedichte wie des Wanderers Nachtlied Über allen Gipfeln aus deutschen Auto-Nummernschildern zusammenstellt und diese Serie Unterwegs mit Goethe nennt, taucht sofort des Dichters ausgeprägte Wanderlust und dessen Italienreise vor dem inneren Auge auf, die dieser 1786 begann. Nach drei Anläufen entflieht Goethe seiner kreativitätstötenden Arbeit als Minister in Weimar, um auf den Spuren des Altertums künstlerisch wieder geboren zu werden. In Italien angekommen schwankt Goethe zwischen Malerei und Dichtung. In zwei Jahren entstehen fast 1000 Aquarelle und Zeichnungen, er fängt wieder zu dichten an und vollendet etwa das Drama Egmont, aus dem das Liebesgedicht Freudvoll und Leidvoll stammt, das Hans Wassink in seinen Collagen umsetzt. Was zunächst als ein etwas respektloser Kommentar Wassinks zu Goethe aufgefasst werden könnte, erweist sich derart als ein stringentes konzeptuelles Verfahren, Goethes Erfahrungen und dessen Dichtung in die Jetztzeit zu transportieren und sie in Form von visueller Poesie nach zu empfinden. Darüber hinaus gelingt es Hans Wassink in seinem Dialog aus Text und Bildender Kunst deutsche Geschichte und Identität in ein dichtes Bedeutungsgeflecht zu überführen. Dabei ist bei allem Ernst der Thematik ein charmanter untergründiger Humor nicht zu übersehen. Künstlerinfo und weitere Werke Redaktion: Dr. Stefanie Lucci |
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Rolf Ohst
aus Deutschland Ob Botticelli’s Geburt der Venus, Giorgiones Venus in einer Landschaft oder Tizians Venus in bürgerlichem Interieur über die Akte von Rubens, Rembrandt, Manet, Renoir, Modigliani, Matisse bis hin zu Cézanne oder Corinth, Rolf Ohst zitiert sie alle. Dabei übersteigert er barocke Fülle ins Extrem, malt Botticelli’s Venus in anmutig zitternder, schüchterner Fettleibigkeit und platziert seine Figuren gerne am Meer vor dramatischen barocken Wolkenhimmeln, die ebenfalls die Seestücke der Niederländer lebendig werden lassen, wobei die Figuren im Duktus der Klassischen Moderne gehalten sind. Wenn er dann auch noch eine ruhende fette Schönheit, die stark an einen gestrandeten, nach Luft schnappenden Wal erinnert, mit Edward Munch’s berühmtem Schrei betitelt, ist das Sampling perfekt. Rolf Ohst gelingt es, respektlos, frech und humorvoll in bester Tradition an die Aktmalerei anzuknüpfen und sie in Zeitgenossenschaft zu überführen. |
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Jen Blazina
aus USA *1971, lebt und arbeitet in Dordrecht, Niederlande und Philadelphia, PA, USA Die filigranen Gebilde von Jen Blazina wirken wie in Eis gefrorene Momente, die bei Zimmertemperatur auftauen und sich verflüchtigen. Fotos und Relikte lassen Vergangenheit aufscheinen. Dabei thematisiert Jen Blazina ebenfalls die Mechanismen der Erinnerung selbst, die durch Bilder und persönliche Geschichten beeinflusst wird. Die Fragen: wo kommen wir her?, wo sind unsere Wurzeln? werden von ihr mittels der Familie als menschliche Grunderfahrung gestellt. In Glas eingebettet fügt Jen Blazina eigene alte Familienfotos und Erbstücke zu großen poetischen Installationen zusammen. Einige der Fotografien sind nur noch fragmentarisch erhalten, ganz so wie sich die Erinnerung oftmals nur teilweise einstellt. Derart erwecken die banalen Gegenstände und subtilen Bilder eine ephemere Vertrautheit mit der Vergangenheit. Die Fotografien und Objekte geraten zu regelrechten Ikonen ihrer selbst, zu abstrakten Bildern, durch die der Betrachter in seine eigene Vergangenheit und Erfahrung eintauchen kann. |
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Joanna Latka
aus Polen *1978, lebt und arbeitet in Lissabon, Portugal Mit vibrierender Lebhaftigkeit zeichnet Joanna Latka das Leben Lissabons nach. Markante wie auch typische Architektur, öffentliche Plätze mit ihren Cafes, Verkehr, das soziale Miteinander. Alles, was diese Stadt ausmacht, wird von Joanna Latka charmant und liebevoll vorgestellt. Hierbei portraitiert Joanna Latka auch sich selbst. Im roten Kleid begegnet sie uns in unterschiedlichen Episoden und Situationen, so dass der Eindruck eines Tagebuches oder einer Bildergeschichte entsteht. Schräge Perspektiven, ins Bild fließende Straßenzüge, Laternen, die ein Eigenleben zu führen scheinen, vermitteln eine eigenartige Dynamik und Atmosphäre der Stadt. Es ist fast so. als ob Joannas Latkas Zeichnungen gleich anfingen zu laufen. Dabei ist Joanna Latkas lebendiger Strich in der Lage, auch den Wind spürend zu machen, der durch die Gassen weht, die Regentropen zu hören, die gegen aufgespannte Schirme klatschen oder das Geplauder der Leute, die auf den Terrassen sitzen. Joanna Latkas fröhliche Bilder machen Lust auf Lissabon. Künstlerinfo und weitere Werke Redaktion: Dr. Stefanie Lucci |
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Paul Jelinek
aus Tschechien Mit seinen explosiven, stilistisch versierten Malereien betreibt Paul Jelinek schonungslose Gesellschaftsstudien. Bissig kommentiert er die Perversionen unserer Zeit, die vor allem durch die Medien sensationslüsternd quotengerecht und stimmungsmachend aufbereitet werden. Dieser Medienrealität setzt Jelinek seine eigene Sicht der Ereignisse und Phänomene entgegen, in der es allerdings in bester Splatter-Manier brutal und blutig zugeht. Köpfe zerbersten, Farbspuren rinnen wie roter Lebenssaft über die Leinwände, Wesen, die nur noch entfernt an Menschen erinnern, finden sich in sinistren, verstörenden Bildwelten wieder. Besonders beeindruckend ist Jelinek’s Serie Study to Adam’s crash. Jelinek beschreibt unseren Urvater in seinen heillosen Versuchen als immer wieder scheiternd. Die Quadratur des Kreises ist ihm nicht gelungen, die Ratio fungiert als Gefängnis der Sinnlichkeit und Emotionen und Annäherungen an Perfektion enden immer wieder in bluttriefenden Katastrophen. Für Paul Jelinek scheint das Experiment Mensch misslungen zu sein. Was bleibt, ist die Illusion. So auch in Study to Adam's crash III 2009 (on top - Oben), in der eine Klobrille als Rettungsring für den Versuch Gott ähnlich zu werden, fungiert.
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Nestor Rivera Jr
aus USA Wenn Nestor Rivera Jr schöne Körper fotografiert, verwandelt er seine Modelle in surreale Gestalten, die schwerelos in anderen Sphären schweben. Unwillkürlich stellt sich die Frage, ob hier die Form der Funktion folgt oder die Funktion der Form? In artistischen Höchstleistungen lässt er Glieder umeinander schlingen, löst Körper auseinander, um sie wiederum zwanglos neu zusammenzufügen. Aus den ineinander verschachtelten Körperteilen bildet er abstrakte Formen, die sich von ihrer Herkunft und Geschichte lösen und ganz neu ihre Eigenschaften als skurrile und manchmal auch beunruhigende Objekte entfalten. Spontan erinnert das Vorgehen an Salvador Dali und seinen berühmten Totenkopf, den er aus schönen, nackten Frauen bildete. Im Unterschied zu Dali behandelt Rivera allerdings die menschlichen Körper konsequent als Designobjekte, die er auch gerne enthauptet. In edles Licht getaucht und mit glattem Finish versehen, erinnern die Fotografien an Werbeaufnahmen kostbarer Schmuckstücke. Und genau hier kommt Unbehaglichkeit ins Spiel, sobald der Blick von der Form wieder auf den Körper gerichtet wird. Wer denkt nicht unmittelbar angesichts der völligen Verfügbarkeit der perfekten Körper an Gentechnik und an den Menschen als Ware im Wirtschaftssystem? Nestor Rivera’s schöner Schein ist also trügerisch, unter der schönen Oberfläche verbirgt sich Abgründiges.
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Jack Radcliffe
aus USA Jack Radcliffe’s zärtliche, empathische Portraits geben viel von der Verbundenheit des Fotografen mit seinen Modellen preis. Es sind Menschen seiner engen Umgebung, die Teil seiner Biographie geworden sind und die er seit mehr als 35 Jahren fotografiert. In langen Sequenzen fängt er einzelne Momente und Gesten ein, die zu Elementen einer sich entwickelnden Geschichte werden. Mit jedem neuen Foto ändert sich die Sequenz, die Bilder sind nicht länger statisch, sondern erliegen dem Erzählfluss des Lebens. Jack Radcliffe’s sensible S/W-Fotografien machen neugierig auf neue Bilder und darauf, wie sich die gezeigten Menschen entwickeln und ihren Platz im Leben einnehmen. So etwa bei Alison, die schon als Kind abgelichtet wurde und deren Heranreifen und Individuation fast vollständig festgehalten wurde. Jack Radcliffe’s Bilder sind dabei weit mehr als Dokumentationen. Die stimmungs- und gefühlvollen Bilder lassen tief in die Seele der Portraitierten blicken, in der neben Leidenschaft vor allem auch Verletzlichkeit und Unschuld wohnen. |
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Christine Coste
aus Frankreich *1965, lebt und arbeitet in Montreuil-sous-bois, Frankreich Christine Coste entwirft ein Menschenbild, das fest in sozio-historische Kontexte eingebunden ist. Dabei platziert sie ihre skurrilen tönernden Figuren sowohl im kollektiven wie auch im intimen Raum. Oftmals wirken ihre Wesen wie die Visualisierung von emotionalen Zwiesprachen und psychischen Zuständen, die schon fast etwas Albtraumhaftes und Surreales an sich haben, wobei Christine Coste bei ihrer Analyse mit einer schonungslosen Brutalität vorgeht. Wie aus Horrorfilmen entlehnt agieren zugeschnürte Leiber, aufgerissene Haifischmünder und Augen, Hirnwindungen werden freigelegt, Leiber zerfließen oder sind durch tiefe Einschnitte verletzt und frei gelegt. In vielen Figuren ähneln die Einschnitte offenen Vulven, wie auch andere Formen eindeutig sexuelle Merkmale meinen. Bei allem Ernst der Themen bestechen die Figuren vor allem aber auch durch ihren hintergründigen Humor, der viel von Christine Coste’s Sympathie für die Gattung Mensch erzählt. Künstlerinfo und weitere Werke Redaktion: Dr. Stefanie Lucci |
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Margret Schopka aus Deutschland *1943, lebt und arbeitet in Overath, Deutschland Wenn Margret Schopka durch die Landschaft geht, setzt sie Zeichen. Sensibel markiert sie Orte, hebt sie hervor, verändert sie und spürt ihren spezifischen Beschaffenheiten nach. Neben diesen Arbeiten in situ kombiniert sie stimmungsvolle, wolkenverhangene Landschaftsfotografien mit Materialassemblagen, die die Eigenarten der jeweiligen Orte betonen. Margret Schopka schaut hierbei der Landschaft tief unter ihre dünne Haut, legt Schichtungen und Verwerfungen frei. Erstaunlicherweise erinnert diese Perspektive an Aufnahmen der Erde aus dem All, wenn die verblüffend dünne, fragile Atmosphäre des Planeten zu sehen ist oder an Eisberge, deren Masse sich etwa zweidrittel unter Wasser befindet. Sofort entwickelt sich eine komplexe Bildsemantik, wenn einerseits die Ansicht von der Fläche in den Raum kippt, um wiederum zu einer flächigen Malerei zurückgeführt zu werden, die nichts weiter ist als abstrakte Malerei. Das künstlich Geschaffene wird der Natur entgegengesetzt, wobei die Natur selbst schon wieder Mimesis in Form von Fotografie ist. Natura naturans versus natura naturata. Margret Schopkas analytische Sichtweise hat hingegen nichts mit einer vermeintlich romantischen Haltung zu tun. Nichtsdestoweniger sind ihre Arbeiten in der Lage, Orte magisch aufzuladen |
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Mehraneh Atashi aus Iran Im ersten Augenblick sehen die Glasmalereien von Mehraneh Atashi wie Kinderkritzeleien oder Graffiti auf Fensterscheiben verlassener Häuser aus. Doch die vermeintliche Harmlosigkeit trügt. In den Serien from 1386 solar hegira und fear&loathing sind es oftmals dunkle, sich gegen das Licht abzeichnende, scherenschnittartige Gestalten, unheimliche Szenerien, verstörend farbige fragmentierte Gesichter, Körper, die etwas Zeichenhaftes und Symbolartiges an sich haben. Manchmal erinnern die Gestalten auch an Engel, Geister oder an Seelen Verstorbener. Die Dramaturgie der Darstellungen wird wesentlich durch den lebendigen Wechsel von Licht und Schatten, den Tageszeiten sowie der realen Umgebung bestimmt, die sowohl den Rahmen als auch den Hintergrund für Mehraneh Atashi’s Arbeiten ausmacht. Die sorgsam komponierten Motive stehen nicht für sich allein, sondern verbinden sich mit der umgebenden Wirklichkeit, mit Grenzzaun, Stacheldraht, Stadtlandschaft und Natur. Das Hintergründige verknüpft sich mit den Szenen auf den Scheiben und fängt an, Geschichten zu erzählen. Von Gefühlen, von individuellen Schicksalen, von Generationen und ganzen Völkern. Im komplexen Spiel mit mehreren Realitätsebenen scheint Mehraneh Atashi festzuhalten, was ansonsten der Witterung wie auch der Geschichte anheim gegeben würde. Derart geraten die Fotografien von Mehraneh Atashi fast zu einem Memento Mori einer flüchtigen Geschichte, die alle Spuren verwischt, - auch die der Urheberschaft.
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Marie Christine Katz aus der Schweiz Marie Christine Katz betreibt mit ihrer künstlerischen Arbeit Forschung. Sehr genau beobachtet und antwortet sie auf socio-politische Situationen, die durch ihre Person und Kunstwerke gefiltert werden. So auch in ihrer Serie Mapping memories, in der sie sich mit dem Anschlag auf das World Trade Center in NY auseinandersetzt und die Erinnerung daran in Zeichnungen, Videos und Rauminstallationen thematisiert. Dabei entstehen feine ephemere, durchscheinende Liniengespinste, verwoben zu schwebenden Konstruktionen und neuen musterhaften Formen, - so wie die individuelle wie auch die kollektive Erinnerung neue Bilder und Zusammenhänge schafft, die etwas Musterhaftes an sich haben und ihre fast unsichtbaren Schatten werfen. Marie Christine Katz entwirft derart ein Lexikon von Situationen und Tragödien, wobei sie zeigt, dass es grade die Erinnerungsmuster sind, die unsere täglichen Gewohnheiten bestimmen.
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Guilad Khan aus Frankreich Wenn Guilad Khan den realen Schrecken ablichtet, verrutschen die Perspektiven. Seine Fotografien sind mehr als Dokumentationen, sie sind der Lage mit nur einem Bild die ganze Geschichte eines Krieges zu erzählen. In der Weite, die Khan meist durch seine schrägen Sichtachsen aufspannt, ist das Grauen daheim, nicht offensichtlich, nicht plakativ, sondern subtil, sich in den Bezügen einstellend, die sich narrativ zwischen Menschen und Objekten aufmachen. So etwa, wenn ein kleiner Junge auf einen Soldaten schielt und sich der Betrachter des Fotos fragt, ob dieser Knirps wohl der nächste Kindersoldat oder jugendliche Selbstmordattentäter sein wird. Oder wenn zwei Munitionskörper zu riesigen Protagonisten in einer monumentalen Landschaft werden, wobei die in ihr lebenden Menschen seltsam deplatziert erscheinen. Guilad Khans Bilder sind dabei keineswegs Aufsehen erregend, sie kommen ohne das Moment der Betroffenheit aus, sie brauchen keinen Schockeffekt und gerade deshalb sind sie so spektakulär.
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Jarno Kettunen aus Finnland Die Leichtigkeit, mit der Jarno Kettunen mit Linie und Farbe umgeht ist schlicht beeindruckend. Mit nur einigen lapidaren bewegten Umrissen und zerfließenden Farbklecksen gestaltet er Formen, die sich vor unseren Augen mehr und mehr zu Menschen materialisieren. Kettunen entführt uns in die Welt der Haute Couture, auf den Laufsteg. Zunächst eher abstrakt entwickeln diese Figuren sprühende Lebendigkeit, körperliche Fülle und Dynamik, ganz so wie sich der Malprozess gibt: als flüchtige Skizze. Schnell, auf das Wesentliche konzentriert, mit Versatzstücken Atmosphäre schaffend, scheinen die Gestalten den Bildraum zu durchschreiten. In der Latenz ihrer Bewegung festgehalten, vermitteln sie dieselbe Flüchtigkeit wie Kettunens Stil. Seine Arbeiten machen neugierig, ihn beim Malen und Zeichnen zu beobachten.
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Maggie Mowbray aus Großbritannien Es ist einfach faszinierend, wie Maggie Mowbray mit ihren kleinformatigen abstrakten Arbeiten gewaltige Dimensionen aufspannt. Mit Tusche, Pastell, Grafit, Kreide, Kordel, Wolle, Draht, Seide, Fotofragmenten oder geschöpftem Papier schafft sie minimalistische Werke in Schwarz/Weiß, wobei sich aus der Abstraktion heraus im Sehvorgang plötzlich Atmosphäre, Raum, Licht und Schatten sowie Gegenständlichkeit entwickeln. Feine Zeichnungen und Markierungen antworten auf massige Flächen, halten die Spannung zwischen Fragilität und Festigkeit. Dank dieser Dynamik und steten Transformation entstehen vor unseren Augen Küstenlinien, Eismeere glitzern puristisch in Weiß und Luftaufnahmen der Erde scheinen ausschnitthaft zitiert zu sein. Präzise gesetzte Zäsuren öffnen Räume, in denen bar jeglicher Sentimentalität die großen verformenden Kräfte, die Prozesse zwischen Werden und Vergehen, die grenzenlose Weite und die Erhabenheit der Natur nachgespürt werden können.
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Elly Prestegard aus Norwegen Die multimedialen Installationen und digitalen Fotografien von Elly Prestegard ähneln romantischen Träumen, wobei sich ihre bildhaften Erzählungen an einer Schnittstelle zwischen Fiktion und Realismus bewegen. So etwa wenn sie hinter regengepeitschten Fensterscheiben eine bewegte Cowboy und Indianer-Szenerie mit Spielzeugfiguren ablichtet oder dramatische Himmelsbilder miteinflechtet. Dabei mischt sie Kitsch und Kunst, Literatur und historische Ereignisse, Pop und individuelle Erfahrungen, Träume und Alpträume unserer Gesellschaft. Wie ein Geschichtenerzähler webt sie ein dichtes visuelles Netz voller optischer Reize und Versatzstücke, die immer wieder neue Assoziationen, Erinnerungen und Bezüge auslösen und mit unserem visuellen wie auch kulturellen Gedächtnis spielen. Das Ganze entbehrt nicht einer gewissen Pathetik, ganz der romantischen Tradition verpflichtet. Prestegard versteht es aber, dieses emotionale Element durch viel Humor zu unterwandern, was den besonderen Reiz ihrer Fantasiewelten und Inszenierungen ausmacht.
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Vladislav Scepanovic aus Montenegro (ehem. Yugoslawien) In bester plakativer Polit-Art Tradition, mit einer Mischung aus Pop und sozialistischem Realismus, nimmt Vladislav Scepanovic unsere Gesellschaft aufs Korn. Ob Gewalt, Drogen, Konsum, Sex, Religion oder Massenverführung, seine Kunst polarisiert, wenn er beispielsweise die großen Kriegstreiber des Jahrhunderts als anbetungswürdige Ikonen mit Heiligenschein darstellt, Khomeini als segnenden Christus, die heile Vorzeigefamilie vor dem Hakenkreuz oder als grinsende Fratzen vor Warner Brother Plakaten der Traumfabrik Hollywood. Scepanovic entwirft eine schöne bunte Welt der Grausamkeiten. Cultural Industrie macht glücklich, wie eine unten Drogen fanatisch lächelnde junge Frau mit ungesunder Hautfarbe weiß machen will. Ein Pepsikronkorken gerät zur Aureole einer Madonna mit Kind und austauschbare Parolen ziehen sich quer durch das collagenartigen Werk. Auch jüngste Ereignisse werden kommentiert, wenn er Barak Obama vor dem Weißen Haus platziert und mit Zitaten wie he is no real black und exponent of beast versieht. Scepanovic legt mit seiner Kunst unsere Welt frei, er macht die Schichten ersichtlich, unter denen sich Massenverführung breit macht. Ob Westen oder Osten, Scepanovic zeigt: die Mechanismen sind überall die gleichen. Mit seiner Wertediskussion in Form von Bildern trifft Scepanovic mitten ins Herz unserer kranken Welt.
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Emiliano Baiocchi aus Italien Wie Lichtflexionen in der Ferne, fast einer Fata Morgana gleich, muten die Malereien von Emiliano Baiocchi an. Trotz des hohen Abstraktionsgrads drängt sich der Eindruck von Landschaft auf, insbesondere von Stadtlandschaften, wobei sich die Architekturen oftmals in einem Wasser zu spiegeln scheinen. Das All-Over der zerplitterten, fragmentarischen Formen trägt wesentlich zum ornamentalen Charakter der Arbeiten bei. Emiliano Baiocchi arbeitet dabei mit einer subtilen Farbigkeit, die die Formen zum Schweben bringt. Es ist vielleicht grade diese atmosphärische Leichtigkeit und impressionistische Auffassung, die die Malereien von Emiliano Baiocchi in die Nähe der Tanger-Reisenden Klee, Matisse und Macke bringt. Andererseits erinnern die Arbeiten aber auch an italienische Wandfresken, die, der Witterung ausgesetzt, im Laufe der Zeit von den Wänden abblättern, was sich wunderbar mit Baiocchis Herkunft assoziieren lässt.
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Ferhat Celik aus der Türkei Mit seinen wunderschönen S/W-Aufnahmen knüpft Ferhat Celik nahtlos an die klassische Moderne an, die er meisterhaft weiterführt. Sein Blick für formale Übereinstimmungen, Spannungsfelder und Zäsuren schafft großartige Kompositionen, in denen sich Mensch und Architektur dynamisch begegnen. Dabei wirken die meist isoliert eingefangenen Menschen weder vereinsamt noch entfremdet wie etwa die Menschen auf den Gemälden Edward Hoppers. Denn Celik spinnt sie in ein dichtes Geflecht von Licht und Schatten, bindet sie ein in eine Dramaturgie von großen und kleinteiligen Formen. Meist sind es die kurzen Augenblicke, auf die Celik geduldig zu warten scheint, bis in seinem Fokus das Alltägliche zu großen Momenten wird, die etwas zeitloses an sich haben.
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Érico Ferrari aus Brasilien Érico Ferraris Bildwelten sind von kleinen seltsamen Wesen bevölkert, die zwischen Himmel und Erde schweben und von den großen und kleinen Geschichten des Lebens erzählen. Dabei entwickelt Ferrari komplexe Bezüge, die tief in die menschliche Psyche hineinreichen. Denn Ferrari schaut genau hin und macht die feinen Fäden sichtbar, die das menschliche Denken, Fühlen und Handeln bestimmen und derart unsere zwischenmenschlichen Beziehungen prägen. Die meist humorvollen, manchmal auch tragisch-komischen Erzählungen, die Ferrari um nur wenige symbolische Bildelemente spinnt, zeugen vor allem von seiner Sympathie für seine Mitmenschen und deren Träume, Sehnsüchte, aber auch Abhängigkeiten. Familie, Partnerschaften, Ich-Identifikation oder Berufsleben, alles gerät in den analysierenden Blick von Ferrari. Dabei bleibt seine Sprache immer universell lesbar.
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Konstantinos Konstantin Dimopoulos aus Ägypten Konstantin Dimopoulos verbindet mit seinen Objekten Himmel und Erde. Seine Skulpturen lassen diese Schnittstelle lebendig werden. Gleichzeitig markieren die meist signalroten Stäbe, die filigran in die Höhe zu wachsen scheinen, sich vibrierend mit dem Wind bewegen, die Orte, an denen sie stehen. Dimopoulos platziert sie im urbanen Raum, in Innenräumen und in der Natur. Dabei blenden sich die zarten Stäbe eigenartig in die Umgebung ein, verbinden sich mit ihr, genauso deutlich, wie sich die Skulpturen auch wiederum vom Umraum trennen. Die Idee einer Skulptur auf Stäbe minimiert, entsteht eine Magie der Reduktion, die die Sinne auf vielfältige Weise anspricht. Besonders, wenn die Stäbe durch den Wind bewegt Töne erzeugen und klingen. Site specific, dieser Ausdruck hätte für die lichtdurchflutete Kunst von Dimopoulos erfunden werden können.
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Jane Benson
aus Thornbury, England Poetisch-narrativ reflektiert Jane Benson mit ihren Objekten das Thema Schönheit. Dabei knüpft sie unmittelbar an das uralte Narziss-Motiv an, erkundet Konstruktion und Dekonstruktion von Schönheit. Hierbei bewegen sich ihre Objekte oftmals im Spannungsfeld zwischen künstlicher und natürlicher Schönheit, wobei die Objektwahl wie auch Materialästhetik sowohl formal als auch inhaltlich bedeutende Rollen spielen. Ob es ein nackter Schwan ist, der sich zum Braten transformiert in einer unendlichen Spiegel-Landschaft beschaut. Oder ob es ein Star ist, der auf einer Säule aus zerbrochenen Spiegeln thront, des schmückenden Federkleides beraubt schon fast obzön wirkend. Jane Benson macht mit ihren Objekten die Ambivalenz von Schönheit sichtbar. Zugleich wirft sie damit auch die Fragen nach Identität, Selbst- und Fremdwahrnehmung auf.
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Kule Ingozi
aus Afrika Mit nur wenigen expressiven Pinselstrichen und Farbverläufen gelingt es Kule Ingozi eine greifbare Dichte zu erzeugen, die den Betrachter sofort in den Bann zieht. Seine Arbeiten erzählen von einschneidenden Erfahrungen, die Ingozi unmittelbar in seiner intensiven Malweise umsetzt. Biografisches scheint auf, besonders in dem Zyklus 'Blood Simulacra', in dem Ingozi authentische Malmaterialien wie sein eigenes Blut und afrikanische Erde benutzt. Diese Materialien vermitteln sich augenblicklich, sprechen uns direkter an, als es künstliche Farbe je vermöchte. Flüssiges Harz lässt offene Strukturen entstehen, die die Figuren in ihrer Substanz durchlässig machen. Derart bleiben seine Gestalten seltsam unkonkret, so dass sie vielmehr Psychogrammen ähneln. Kule Ingozis Zeichnungen und Malereien sind der Lage, eine nachdenkliche Betroffenheit auszulösen, die unser Innerstes zu berühren vermag.
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Janet Echelman
aus USA Wie aus einer anderen Dimension und Zeit schweben die monumentalen zarten Gebilde von Janet Echelman im Luftraum und durchweben ihn. Die netzartigen, meist aus geometrischen Grundformen heraus entwickelten Skulpturen durchwirken urbanen Raum, verbinden sich mit ihm, aktivieren ihn. Luftraum wird Skulptur, fängt an zu atmen. Echelman setzt dabei als gestalterische Komponenten Wind, Licht und Schwerkraft ein, obwohl die Gebilde völlig schwerelos wirken. Und doch ist es grade die Schwerkraft, die die Objekte wesentlich mitformen, wobei sie durch Wind und Lichtwechsel in ständiger Bewegung und Transformation sind. Mit ihren schwebenden Skulpturen schafft Echelman tief greifende Umgestaltungen unserer ummittelbaren Umgebung, akzentuiert bekannte wie auch übersehene öffentliche Räume und Architektur. Dabei erreicht sie uns auf direktem emotionalem Weg und verändert unsere Wahrnehmung völlig.
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Andrew Bartosz
aus Bydgoszcz, Polen Mit einem wunderbaren weichen Schwung werden aus Linien Umrisse, aus Umrissen weibliche Körper, sinnlich, pulsierend, erotisch. Und zugleich werden aus Körpern Formen, abstrakt und real zugleich. Fließend sind die Übergänge, ganz den fließenden Konturen gleich, die die Frauenkörper bilden. Bartosz feiert die Schönheit des weiblichen Körpers, die Lebendigkeit und Komplexität weiblicher Natur. Dabei stehen klassische Formen im Vordergrund, die aber nicht von der Ahnung einer menschlichen Figur zu trennen sind. Diese scheint immer auf, so abstrakt die Bilder auch sind. Dasselbe geschieht auch bei den Landschaften, welche die Eigenarten Australiens auf eine ebenso sinnliche Art einfangen.Künstlerinfo und weitere Werke Redaktion: Dr. Stefanie Lucci |
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Rámon Williams
aus Havana, Cuba Seine Fotos machen einfach Lust auf mehr, Lust mit Rámon Williams auf Spurensuche durch die Ecken und Winkel der Großstädte zu gehen, mit ihm die Welt und ihre Geschichten zu entdecken. Mit unterschwelligem Humor wirft er seinen Blick auf unscheinbare Details wie auch auf Inkunabeln unserer Zeit und setzt sie in völlig andere semantische Bezüge. Oftmals entdeckt er Kunstgeschichte am Wegesrand, in den abgeblätterten Hauswänden einen Mark Rothko, auf dem Asphalt einen Yves Klein oder Pollock auf einer Plakatwand. Williams lichtet aber nicht einfach nur ab, er dokumentiert nicht. Durch sein Abstraktionsvermögen entstehen eigenständige Arbeiten. die visuell viel eher an Malereien erinnern. Diese Verfahrensweise spiegelt sich auch in seinen Zeichnungen und Objekten wider.Redaktion: Dr. Stefanie Lucci |
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Antoinette Privat
aus der Schweiz Die Arbeiten von Antoinette Privat sprühen vor Lebendigkeit und erzählen viel von der Lust des Malens, von der Lust auf Farben und Formen. Und von der Lust des Gestaltens. Hierbei steht der Prozess des Machens im Vordergrund. Jede Geste, jeder Pinselstrich und Farbauftrag kann nachvollzogen werden. Die Malereien entwickeln sich vor dem betrachtenden Auge zu einem Seherlebnis, das vielfältige Erinnerungen und Assoziationen auslöst. Dabei bleiben die Empfindungen immer ein wenig in der Schwebe. Andeutungen auf Körper und Gegenstände verweben sich in Atmosphären. Manchmal Träumen gleichend, manchmal Gedichten. |
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Alexis Duque
aus Kolumbien Landscapes Von weitem gleichen seine Bilder wunderschönen Ornamenten, die sich aber bei näherer Betrachtung schnell als Zusammenballungen von ärmlichen Wohnungen und Häusern entpuppen, als slums. In schrägen Perspektiven erinnern die Gebilde oftmals an Ufos oder fliegende Planeten, den Borg Raumschiffen des TV Epos Raumschiff Enterprise ähnelnd. Oder Duque verwebt Organisches mit Konstruktivem, wobei er das Wachsen der slum-Landschaften um urbane Mega-Zentren herum formal nachempfindet. In seinen Bildern sind meist keine Menschen zu sehen und trotzdem erzählen sie von ihnen. Spuren menschlichen Lebens prägen die Behausungen, die das Innere nach außen kehren und so viel von der Identität ihrer Bewohner preisgeben. Dabei leben diese offensichtlich immer am Rande des Abgrunds, den Duque mittels Abrisskanten, Perspektiven und Ausschnitten gelungen mehrdeutig inszeniert. |
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Featured Artists der artists.de Redaktion artists.de features wählt regelmäßig einen Künstler aus, dessen Werk wir für bemerkenswert halten. Dieser Künstler wird hier vorgestellt. Hierbei werden die Entscheidungen ausschließlich und unabhängig durch die Redaktion getroffen. Vorschläge können leider aufgrund der großen Anzahl nicht berücksichtigt werden. Auswahlverfahren: Kunst ist ein offener und vielfältiger Bereich und die Vorlieben sind durchaus verschieden. Dennoch gibt es auch in der Kunst Qualitätsbegriffe. Diese setzen sich aus verschiedenen Faktoren zusammen, die von Kunstkritik, -Markt und -Geschichte definiert werden. Die Offensichtlichkeit, mit der Schwankungen in der Bewertung von Kunst auftreten, zeigt, dass Qualität eine Vereinbarung der Gesellschaft ist, die sich historisch wandelt. Qualität ist also keine fest stehende Größe und zudem relativ. Es ist kaum noch ketzerisch zu behaupten, dass gegenwärtig zu allererst der Markt darüber entscheidet, was als Kunst gilt oder nicht und vor allen Dingen, was als gute Kunst gilt. Dabei wird der ökonomische Wert oftmals mit dem ästhetischen gleichgesetzt. Die Qualität eines Kunstwerkes scheint sich zu allererst über den Preis zu definieren. Dabei gleicht der Kunstmarkt einem Warenterminmarkt für Anlageobjekte mit größtmöglicher Renditeerwartung. Davon nehmen wir als offene Plattform für Kunst Abstand. Kriterien des Marktes sollen bei uns nicht berücksichtigt werden. Bei uns stehen die Kunstwerke im Vordergrund. Für uns zählen bei der Auswahl ausschließlich Aspekte der Kunstkritik und –Geschichte. In diesem Sinne wählt die Redaktion von artists.de features jede Woche einen Künstler aus, dessen Werk wir würdigen möchten. |